Donnerstag, 31. Dezember 2009

Mit einem Rettungsboot übers Meer

Standort der SAWADI: vor Anker auf Salardup / SanBlas / Panama
GPS-Position: N 09°30,00 W 078°48,00

Hi all,
mit Überraschung habe ich heute festgestellt, dass seit meiner Ankunft in Panama fast ein Monat vergangen ist.
Auch mein letzter Blog liegt schon über drei Wochen zurück.
Mittlerweile ist auch Weihnachten vorbei und wenn ich nicht aufpasse, dann saust auch NeuJahr unbemerkt vorbei.
Im folgenden schreibe ich eine kleine Zusammenfassung der Ereignisse des letzten Monats.

Was bisher geschah:
Cappucino-Delfine - in den beiden Wochen, da ich in den Coco Bandero Cays vor Anker lag, hatte ich eines morgens einen sehr seltenen Ausblick aus meinem Kombüsenfenster.
Gerade beim Cappucino-Zubereiten schaute ich halbverschlafen aus dem Fenster und da sehe ich direkt neben der SAWADI zwei Delfine auftauchen und gemütlich durch die Ankerbucht schwimmen.
Und am nachmittag, ich sitze wieder mit einem Cappucino im Cockpit, kommen die beiden Delfine schon wieder vorbei. Daher nenne ich dieses Erlebnis "Cappucino-Delfine".

Rettungsboot mit Motorrad-Antrieb - zwei verrückte junge Australier kamen auf die abenteuerliche Idee, ihre Motorrad-Tour von Südamerika bis Alaska auch durch das karibische Meer nicht unterbrechen zu lassen.
Und da es keine Strasse gibt von Kolumbien nach Panama, haben die beiden Australier zusammen mit ihrer bolivianischen Freundin kurzerhand ein ausgedientes Rettungsboot gekauft, ihre Motorräder eingeladen, den Antrieb der Motorräder umgebaut, damit sie den Propeller antreiben und sind trotz einem anfänglichen Auslaufverbot seitens der kolumbianischen Sicherheitsbehörden in See gestochen.
Sie kamen auch tatsächlich bis kurz vor die panamesische Küste - aber dann fiel wegen diversen mechanischen und korrosionsbedingten Problemen ihr Antrieb aus und sie mussten sich mit Paddeln an die Küste retten. Sie strandeten sehr weit südlich in Isla Pinos, von wo aus es immer noch keine Strasse hoch nach Zentralpanama gibt.
Meine beiden schwedischen Einhandsegler-Freunde Bieriel und Daniel schleppten sie dann ein Stück die Küste entlang hoch. Zwischenzeitlich konnten die drei Abenteurer ihren Motorrad-Propeller-Antrieb wieder in Gang bringen und versuchten anschliessend aus eigener Kraft ihren Weg fortzusetzen. Aber schon nach wenigen Meilen bei hohem Seegang und Gegenwind fielen die mittlerweile stark angerosteten Motorräder wieder aus. Die völlig verrosteten Ketten sprangen ständig vom Zahnrad herunter und das Rettungsboot füllte sich zusehends mit überkommendem Wasser (Anm. der Red.: Die verrostete elektrische Bilgenpumpe fiel schon lange vorher aus und wurde durch Eimer-Schöpfen ersetzt).
Auf jeden Fall trieben sie wieder zurück zur riffübersähten Küste und warfen schliesslich kurz vor dem Zerschellen am Riff ihren Anker ins Meer. Aber dummerweise haben die drei Doofies vergessen, die Ankerkette auch am Boot festzubinden. So plumpste der Anker samt Kette ins Meer und verschwand auf Nimmerwiedersehn.
Zum Glück hatten sie kurz zuvor über Funk einen Rettungsruf abgesetzt und ein anderes Segelboot kam ihnen in letzter Sekunde zur Hilfe und schleppte sie in die nächste Ankerbucht.
Irgendwie haben die Australier es dann doch noch geschafft - teils aus eigenem Antrieb, teils liessen sie sich abschleppen - und erreichten schliesslich auch meine Ankerbucht im Westen der SanBlas.
Ein paar Tage danach schleppte Bieriel mit seiner Segelyacht Nika das "Motorrad-Boot" bis nach Carti, wo es endlich wieder eine Strasse gab. Sie liessen das Rettungsboot zurück, setzten ihre Motorräder wieder in Stand und kamen gut in Panama-City an.
Die Website ihrer Abenteuer findet ihr unter www.FourStrokeOfLuck.com. Ich bin nicht sicher, ob die Adresse korrekt ist, aber wenn ihr z.B. bei Google nach den Wörtern "FourStroke" und "Luck" sucht, müsstet ihr die Website der verrückten Australier eigentlich finden. ;-)

Weitere erwähnenswerte Ereignisse gab es in den letzten Wochen nicht. Ich gehe fast täglich mit meiner Harpune auf Abendessen-Jagd - mittlerweile fast immer erfolgreich - und geniesse täglich das warme Klima und das karibische Meer, während in Deutschland die Kälte und der Weihnachtswahnsinn herrscht. ;-)

In diesem Sinne wünsche ich allen ein abenteuerreiches, lustiges und gesundes Neues Jahr 2010 und mögen Euch allen nie die Haare ausgehen! :-)

Besitos,

Steffo y Flecky, an Bord SY SAWADI, 31.12.2009, Panama

Foto des Tages:
Mit diesem kleinen Rettungs-Motorrad-Böotchen haben die drei Abenteurer die 180 Meilen zwischen Cartagena und Panama zurückgelegt. Voll krass!

Montag, 7. Dezember 2009

Spontane Abreise und spannende Ankunft in Panama

Standort der SAWADI: vor Anker in Cartagena / Kolumbien
GPS-Position: N 09°31,00 W 078°37,00

Hi all,
ich bin zurück im Paradies!!
Vorgestern früh um 02:30 Uhr fiel bei Vollmond mein Anker ins klare Wasser der Coco Bandero Cays!

Das Timing für meine Ankunft hier in den riffübersähten SanBlas-Inseln war etwas ungeschickt, da meine Abfahrt von Cartagena ziemlich ungeplant und abrupt geschah.
Nachdem ich letzte Woche drei Tage lang meinen Dieseltank ausgepumpt, leergewischt, den alten Diesel zweimal gefiltert und wieder zurückgefüllt hatte, dabei eine mega Diesel-Sauerei auf der SAWADI angerichtet hatte, über und über mit Dieselschmiere bedeckt war und selbst Flecky schon sein Köfferchen gepackt hatte, um die nach Dieseldämpfen riechende SAWADI zu verlassen, setzte ich nach zweimaligem Verschieben meinen Abfahrtstermin schliesslich auf letzen Donnerstag fest
Geplant war, erstmal nur zwanzig Meilen nach Süden zu segeln, zu den hübschen Rosario-Inseln, um dort nochmal ein paar Tage zu relaxen und die SAWADI seeklar zu machen für die knapp 200-Meilen-Überfahrt nach Cartagena.

Doch, oh weh, kaum war ich ausserhalb der Cartagena-Bucht, fing meine Motor-Drehzahl schon wieder zu schwanken an und ich musste befürchten, dass mir der Motor schon wiederum ausfällt - diesmal vielleicht mitten bei der Riffdurchfahrt in die Rosario-Inseln.
Daher beschloss ich kurzerhand, meinen Kurs auf West-Süd-West zu ändern und direkt zu den Coco-Bandero-Cays zu segeln. Ich dachte mir, wenn ich jetzt schon wieder den Motor reparieren muss, dann soll es wenigstens in einer schönen Umgebung geschehen (Anm. der Red.: Fahrtensegeln bedeutet eh, dass man an den schönsten Plätzen der Welt ständig sein Boot repariert).
Die Entscheidung war getroffen, ich stoppte meinen Motor, solange er noch lief und daher hoffentlich auch wieder ansprang, setzte alle Segel und schipperte zunächst langsam mit wenig Wind in Richtung Panama.
Der Wind wurde schnell zu einer stetigen Brise, die SAWADI sauste dank ihres neuen, sauberen Unterwasserschiffes munter über die leider ebenfalls höher werdenen Wellen dahin.
Die Überfahrt selbst war bis auf zwei Ereignisse problemlos.
Am frühen Abend wurde ich von einem grösseren Schiff direkt voraus angefunkt, ich solle dringend meinen Kurs ändern, da das Schiff seismische Messungen durchführe und ein vier Meilen langes Messkabel hinterherschleppe.
Das andere Ereignis war ein grosser Frachter, der direkt von hinten auf mich zukam und keinerlei Anstalten zu einem Ausweichkurs unternahm. Es war mittlerweile stockfinster, der Mond war noch nicht aufgegangen, das Anrufen des Frachters via UKW-Radio blieb unbeantwortet und auch das Anleuchten meiner Segel mit meiner starken MagLite-Taschenlampe zeigte keinerlei Reaktion von Seiten des Frachters. Erst wenige hundert Meter hinter mir - ich war schon fast einer Panik nahe und wollte gerade die SAWADI hart nach Steuerbord herumreissen - änderte der Frachter endlich seinen Kurs und brauste in ca. 150 Meter Entfernung an mir vorbei. So ein Arsch!!! ;-)

Durch meine spontane Entscheidung, direkt nach Panama zu segeln, kam ich voraussichtlich mitten in der Nacht an. Und da ich nicht wusste, ob meine Maschine beim Ankermanöver ansprang, meldete ich mich morgens in der Panama-Kurzwellen-Funkrunde (Anm. der Red.: Panama-Connection-Net, 8107 Mhz USB, täglich um 13:30 UTC) und avisierte, dass ich wahrscheinlich mitten in der Nacht ohne verlässlichen Motor mitten in das Riffgebiet der Coco-Bandero-Cays reinsegeln werde.
Ich glaube, bis zum Abend wusste die ganze Seglergemeinschaft in den SanBlas Bescheid, dass die SAWADI im Anflug bzw. Sturzflug war.
Die in den Coco-Bandero-Cays geankerten Segelboote wurden informiert und mehrere Segelboote (darunter die Mariposa und NautiBär) hielten mit mir Funkkontakt und blieben auf UKW-Empfang, falls ich beim Einlaufen in die Ankerbucht Probleme bekommen sollte.
Aber alles ging gut, der Wind und auch die Wellen nahmen in der Nacht deutlich ab, und bei strahlendem Vollmond manövrierte ich die SAWADI mit glücklicherweise funktionierendem Motor in die Ankerbucht rein und liess erschöpft meinen Anker ins Wasser platschen.

Die letzten beiden Tage verbrachte ich mit Ausruhen, (endlich wieder) Schwimmen und dem mühseligen Verstauen der Unmengen von Lebensmitteln, die ich in Cartagena noch kurz vor der Abfahrt eingekauft hatte.

Mal schaun, vielleicht gehe ich nachher noch mit der Harpune auf die Jagd, um endlich wieder frisch erschossenen Fisch zu essen. Flecky würde das sicherlich auch begrüssen!!! ;-)

In diesem Sinne.

beste Grüsslies aus dem Paradies,

Steffo y Flecky

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